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Multermann, Fritz

Der Bönener Fritz Multermann war Chef der Geheimen Staatspolizei (GESTAPO) in Hamm von 1933 bis 1939. Foto © LWL-Medienzentrum für Westfalen

* 1896, + nach 1958)

Fritz Multermann war ein deutscher Polizeibeamter, der in der NS-Zeit als Leiter der Gestapo-Außendienststelle in Hamm Bekanntheit erlangte. Er war u.a. verantwortlich für die Festnahme seines ehemaligen Lehrmeisters, des jüdischen Kaufmanns Sally Brandenstein aus Bönen, wegen angeblicher Rassenschande.

Frühe Karriere und Polizeidienst Multermann meldete sich 1914 freiwillig zum Militärdienst und trat 1920 in den Polizeidienst ein. In Hamm war er zunächst bei der Schutzpolizei und später bei der Kriminalpolizei tätig. Gegen den Oberwachtmeister Multermann wurden im Laufe der Jahre disziplinarische Ermittlungen wegen Dienstvergehens, unter anderem wegen Tätlichkeiten, geführt. Eine 1926 verfügte Entlassung aus dem Polizeidienst wurde jedoch bereits im Sommer 1927 wieder rückgängig gemacht. Innerhalb der Hammer Kriminalpolizei war Multermann ab 1927 für politische Delikte zuständig.

Zeit des Nationalsozialismus Multermann, der seit 1932 Mitglied der NSDAP war, wurde im Februar 1933 zum Leiter der neu gegründeten politischen Abteilung (Abt. I A) der Polizeidirektion Hamm befördert. Diese Abteilung wurde drei Jahre später in eine Außendienststelle der Staatspolizeistelle Dortmund umgewandelt. In dieser Funktion war er an der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, politischer Gegner des NS-Regimes sowie insbesondere der „Bibelforscher“ (Zeugen Jehovas) beteiligt. 1939 wechselte Multermann zur Gestapo Hannover. Ein Jahr später ging er zur Geheimen Feldpolizei (GFP), die für die Verfolgung politischer Gegner im Umfeld der Wehrmacht und für die Partisanenbekämpfung zuständig war. Multermann wurde 1941 zum Feldpolizeikommissar befördert und nahm an GFP-Einsätzen in Polen, Frankreich, der Ukraine und Dänemark teil.

Nachkriegszeit und Verurteilung Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Multermanns Rolle als Gestapo-Chef in Hamm sowie seine mutmaßliche Verstrickung in Kriegsverbrechen als GFP-Offizier untersucht. Multermann versuchte, sich als „korrekter Beamter“ darzustellen und wies den Vorwurf zurück, im Ausland an Erschießungen beteiligt gewesen zu sein. Der Entnazifizierungshauptausschuss im Regierungsbezirk Hildesheim stufte ihn 1950 als wesentlichen Förderer des Nationalsozialismus in die Kategorie III ein. Nachdem er Berufung eingelegt hatte, wurde das Verfahren 1952 eingestellt. 1954 leitete die Staatsanwaltschaft Dortmund jedoch ein neues Ermittlungsverfahren ein, da ihm vorgeworfen wurde, während seiner Zeit als Gestapo-Chef Inhaftierte misshandelt und Geständnisse erpresst zu haben. Das Landgericht Dortmund verurteilte Multermann 1956 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren, obwohl er sämtliche Vorwürfe bestritt. In einem erneuten Verfahren wurde die Strafe 1958 auf eineinhalb Jahre reduziert.