Die Geschichte des Dorfes Bramey

Noch heute stehen drei von ehemals fünf sogenannten Heuerlingshäusern an einer Eichenallee in Bramey. Die um das Jahr 1840 erbauten Gebäude sind niedrige, eingeschossigen Doppel-Häuschen, die zum Teil noch bewohnt sind. Foto © Löbbe

Erstveröffentlichung: 07.01.2012 im Westfälischen Anzeiger

Bramey, dessen Name sich von „Braam, einer mit Ginster bewachsenen Heide“ ableitet, gehört neben Lenningsen und Flierich zu den südlichen Ortsteilen der Gemeinde.

Mit geschätzten 300 Einwohnern bildet Bramey – wie auch Oster- und Westerbönen – den kleinsten Siedlungskern der sich wie Satelliten um Bönen lagernden Dörfer.

Nach Recherchen von Ortsvorsteher Dieter Kretschmer stammt die erste urkundliche Erwähnung über nennenswerte Ansiedlungen in diesem Raum aus dem Jahre 1486. Man kann aber davon ausgehen, dass schon weitaus früher Menschen hier gelebt haben. Die Ritter „to der Brüggen“ residierten wohl als ältestes Geschlecht auf dem noch heute existierenden Gut, dessen Brücke das damalige Seseke-Sumpfgebiet zu überwinden half – gegen „Gebühr“, versteht sich – und als Namensgeber fungierte. Belegt ist auch, dass der kleine Ort, wie viele in der damaligen Zeit, während des 30-jährigen Krieges von 1618 bis 1648 unter marodierenden und brandschatzenden Truppen, unter Hunger und dem „schwarzen Tod“, der Pest, gelitten hat.

Leider ist aus früheren Jahrhunderten nichts geblieben, eben nur noch das Gut Brüggen, das über einen langen Zeitraum eine selbstständige preußische Gutsgemeinde war und erst 1926 Bramey- Lenningsen und später der Gemeinde Bönen angegliedert wurde. Das Gut, 1719 durch einen Neubau ersetzt, verfügte über eine eigene Kapelle und eine Mühle, die etwa 500 Meter unterhalb des Gutes von der dort aufgestauten Seseke angetrieben wurde und deren Reste noch in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu sehen waren. Der Straßenname „Mühlenvöhde“ deutet wohl noch auf die Nachbarschaft hin. In dem Band „Bönen – Erinnerungen in Bildern – bis 1968“ zeugt ein Foto von der Bergung eines gewaltigen Mühlrades im Jahre 1938 von der beachtlichen Größe der damaligen Mühle.

Das alte Rittergut Haus Brüggen in Bramey-Lenningsen. 1718 errichtete die Adelsfamilie von Ketteler zum Gerckendal das Gutshaus in Bramey. Foto (c) Karl Löbbe

Mehr zur Geschichte des Guts Brüggen.

Ein D-Zug, der nie ein Meter gefahren ist

Schnurgerade von Gut Brüggen in Richtung Norden führt eine herrliche Eichenallee zu einer Reihe von ehemals fünf (jetzt noch drei) sogenannten Heuerlingshäusern, im Volksmund „D-Zug“genannt. Der „Heuerling“ oder auch „Kötter“ verdiente sich durch Mitarbeit auf dem Gutshof seine Pacht, während der Gutsbesitzer sich die Arbeitskraft der Menschen sicherte, indem er ihnen Unterkünfte zur Verfügung stellte. Um das Jahr 1840 gebaut, sind die niedrigen, eingeschossigen Doppel-Häuschen zum Teil heute noch bewohnt, wie zum Beispiel von der 92-jährigen Lucie Wotschke, die seit etwa 1950 hier lebt, nachdem sie damals gemeinsam mit ihrem Mann auf dem Gut Arbeit gefunden hatte. Auch der Bönener Werner Hangebrauck kann davon berichten: „Als Nachkömmling in meiner großen Familie wurde ich 1929 in einem der Häuser geboren. Schon mein Großvater und Urgroßvater wohnten hier. Sie waren alle auf Gut Brüggen beschäftigt. Als Junge bin ich eigentlich auf dem Gut groß geworden.“

Die Wohnungsgröße von 50 Quadratmetern teilt sich auf in eine Wohnküche, zwei Schlafräume, einen Abstell- beziehungsweise Vorratsraum sowie einen Stall. Einen Kellerraum gab es nicht. Aus einem rund 1000 Quadratmeter großen Garten und mit zusätzlichem Ackerland versorgten sich die Familien zum Teil selbst. Heute stehen die Häuser wie auch sämtliche Gebäude des Herrensitzes unter Denkmalschutz.

„Wie die Anlage des Gutes, so gehörten auch die Eichenallee mit den anschließenden Gesindehäusern zu einer im 19. Jahrhundert typischen Gutsstruktur, die so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl darstellen sollte“, erklärt Claudia Gebhardt, gemeinsam mit ihrem Mann Hans-Dietrich Besitzer von Haus Brüggen.

Von den Heuerlingshäusern sind es nur ein paar Schritte, die zur Dorfstraße führen – wobei ein „Dorf“ nur schwerlich zu erkennen ist. Das eigentliche „Dorf Bramey“ bildet das Ensemble der auf der Anhöhe Richtung Westen liegenden Bauernhöfe. Das Siedlungsgebiet Heckenstraße, Mühlenvöhde, Grünstraße und entlang der Kamener Straße entstand im Wesentlichen nach dem zweiten Weltkrieg.

Den Älteren ist Bramey sicherlich noch in Erinnerung als Anlaufstelle für Sonntagnachmittag-Spaziergänge zu „Apen-Henrich“, der Gaststätte Schäfer-Gärtner. „Es war oft wie bei einer Völkerwanderung“, erzählt Werner Hangebrauck. „Viele Familien kamen mit ihren Kindern auch von den umliegenden Gemeinden, um sich die in einem Käfig gehaltenen Affen oder die Fasanen anzusehen, auf dem Kinderkarussell ein paar Runden zu drehen und sich bei Kaffee und Kuchen oder einem Bier eine Auszeit zu gönnen.“

Wie sehen sich die Brameyer heute? „Natürlich hat sich die Dorfgemeinschaft verändert“, sagt Helmut Wotschke. „Früher ging man als Kind raus und spielte irgendwo. Das gibt es natürlich nicht mehr. Auch sind die Leute heute mehr für sich. Aber trotzdem: In der Stadt möchte ich nicht leben. Hier ist mein Zuhause. Die relativ zentrale Lage zu den umliegenden Städten wie zum Beispiel Unna oder Werl bietet doch eine schnelle Anbindung. Und wer kann schon von sich sagen, dass er direkt neben einem Rittergut wohnt?“