Vom Schandfleck zum Schmuckstück

Die bewegte Geschichte des Bahnhofs und der Bahnstrecke, kann man am Eisenbahndenkmal in Sichtweite des Alten Bahnhofs nachlesen. Foto (FdF).

Erstveröffentlichung 14.6.2012 in der WAZ.

Die Geschichte des Alten Bahnhofs Lenningsen erfuhr nach der Stilllegung der 35,81 km langen Bahnstrecke von Dortmund-Süd nach Welver und der offiziellen Schließung des Bahnhofs im Jahre 1969 ihren ersten negativen Höhepunkt, als ein Teil der Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Der wundersame Wandel vom Schandfleck zum Schmuckstück. Oder: Ein Bahnhof und seine bewegte Geschichte.

Die Vorgeschichte. Mitte der sechziger Jahre hatte der Bedarf an Zugreisenden stark nachgelassen, weil Fabrikanten und Landwirte einen günstigeren Weg für ihre Güter entdeckt hatten, sodass der Lenningser Bahnhof nicht mehr ausreichend ausgelastet war. Das Schicksal des kleinen Bahnhofs schien endgültig besiegelt. Die Zugmeldestelle wurde aufgelöst. Die Abbrucharbeiten begannen. Lediglich das Empfangsgebäude wurde vollkommen erhalten.

Vielleicht gebe es auch dieses Gebäude nicht mehr, wenn ein gewisser Dr. Helmut Lange nicht ein Geschäft an dieser Stelle gewittert hätte. Der Münchener Privatmann kaufte im Jahre 1972 den Bahnhof im Zentrum des Örtchens von der Deutschen Bundesbahn. Das wäre eine Bruchbude gewesen, erinnern sich Bürger, die genau 40 Jahre danach auch heute noch in Lenningsen zuhause sind wie Ludolf Hoffmann und seine Frau. Viele hätten die Frage aufgeworfen: „Was will der nur damit?“ Die Antwort gab Helmut Lange – und die erfreute nicht alle Bürger vor Ort: Die Räumlichkeiten wurden zum Teil an Leute vermietetet, die in der Zeche Königsborn III/IV tätig waren. In einem anderen Teil wäre damals eine Künstlergruppe eingezogen. Sie haben später ein neues Zuhause in Unna gefunden, erinnert sich Ludolf Hoffmann. Die Maßnahme, hier Menschen einzuquartieren, die sei zweifelhaft gewesen und wäre bei manchen Bürgern vor vier Jahrzehnten sogar auf heftigen Widerstand gestoßen. Der Druck auf den Eigentümer habe in den folgenden Jahren zugenommen.

Doch das Verwirrspiel um den Bahnhof Lenningsen, auf dessen Gleisen bekanntlich am 25. Mai 1965 die Königin Elisabeth II. von England in ihrem königlichen Zug auf dem Weg zu ihren britischen Truppenteilen in Soest übernachtet hatte, ging noch bis ins Jahr 1994 weiter. Dann kündigte der Münchener Besitzer der verfallenen Immobilie einen „baldigen Verkauf“ an. Leonhard Olschewsky, der damalige Leiter des Bauverwaltungsamtes, brachte Ordnung in das Verwirrspiel. Nach der Zustimmung der politischen Gremien konnte die Gemeinde Bönen dann endlich als neue Eigentümerin eingetragen werden.

Die Angelegenheit kam in Schwung. Die Planungen und der Umbau nahmen Fahrt auf, Architekt Werner Rabura küsste den Bahnhof wach. Auf einem Reißbrett entstanden die Pläne für die Neugestaltung des Gebäudes, das um 1900 erbaut worden war. Die Zeit drängte nicht zuletzt deshalb, weil Lenningsen am Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ teilnahm. Ohne einen neuen Bahnhof wären die Aussichten hoffnungslos gewesen. Alles wurde gut. Heute gilt das Familienzentrum „Alter Bahnhof Lenningsen“ als Schmuckstück für Groß und Klein.