Bönen hatte einmal fünf Kinos

Das Palast-Theater eröffnete 1923 als zweites Kino in Bönen. © Gemeindearchiv

Erstveröffentlichung im Westfälischen Anzeiger am 30.03.2019

Bönen – „Mach dir ein paar schöne Stunden, geh ins Kino“, so hieß der Slogan, mit dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Zuschauer in die Lichtspieltheater gelockt werden sollten. Die Bürger in Altenbögge und Bönen hatten nach dem Krieg zwischenzeitlich sogar die Wahl zwischen vier Lichtspieltheatern.

Das erste Kino in Altenbögge

Das erste Kino betrieb Lutz Hoeper gegenüber der Gaststätte Goerdt (heute Kirchenzentrum der Evangeliumschristen) in der Zechenstraße Ecke Schwarzer Weg, schon 1919. Dazu mietete er vom damaligen Gastwirt Rudolf Zierk den Tanzsaal der Gaststätte. Dieses Kino hatte schon eine stattliche Anzahl von 230 Plätzen. Somit lag Bönen voll im Trend der aufstrebenden Kinobranche.

Der erste jemals in Bönen gezeigte Film hieß „Nebel und Sonne“, ein Stummfilmdrama. Um diesen Stummfilm geräuschvoll zu begleiten, setzte sich Lutz Hoeper an ein altes Klavier und „hämmerte“, wie er es selbst 1960 ausdrückte, darauf herum. Die Preise lagen damals je nach Rang, zwischen 1,30 und 2 Reichsmark, für damalige Verhältnisse viel Geld. Als das Kino durch einen Brand, ausgelöst durch eine ungeschützte Filmrolle, zerstört wurde, verlegte Hoeper es 1921 in den neu errichteten Saal an der Bahnhofstraße 50. 

In den Jahren der Inflation stiegen die Preise ins Unermessliche, bis zu einer Billion Mark wurden für eine Karte bezahlt. Dadurch gingen die Besucherzahlen zurück und Hoeper verkaufte das Gebäude an die Gemeinde, die es als Turnhalle nutzte. 

Das Central-Theater 

Nach dem Krieg wurde aus dem Palast-Theater das Central-Theater. Kühe waren nicht zugelassen. Foto © Gemeindearchiv

Doch er gab nicht auf. Um 1923, als es ihm finanziell wieder besser ging, eröffnete er ein neues Kino, das Palast- Theater. 

Dieses Kino betrieb er in dem Saal der Gastwirtschaft Pohlmann an der Bahnhofstraße. Nach dem Krieg wurde das Kino in „Central-Theater“ umbenannt. Es war nicht, oder nur spärlich geheizt und im Winter waren kalte Füße vorprogrammiert. Nach seiner Schließung 1963 wurde es als Wäscherei genutzt, nach dem Abriss erfolgte auf dem Gelände der Neubau der Volksbank.

Das Union-Theater

Nach dem Krieg etablierte sich auch das Union-Theater, geführt von seinen Betreibern Feuersänger und Drees, die ihre Filme im Saal der Gaststätte Middendorf vorführten. Soweit der Autor des Textes sich erinnert, liefen dort in den Nachmittagsvorstellungen hauptsächlich Filme für Kinder und Jugendliche. Wild-West-Filme, Dick und Doof, Tarzan, Zorro und ähnliche Streifen waren an der Tagesordnung. Der Saal war provisorisch mit Stühlen ausgestattet, die alle auf einer Ebene standen.

Für kleinere Kinder war also die Sichtmöglichkeit, durch den vor ihm sitzenden Zuschauer, sehr eingeschränkt. Im Raum stehende Pfeiler sorgten auch für andere Zuschauer zusätzlich für Sichtprobleme. Durch den erforderlichen Positionswechsel des Oberkörpers sorgte der dort Sitzende dann auch für eine Kettenreaktion bei den hinter ihm befindlichen Zuschauern, unfreundliche Worte fielen nicht selten. Dafür war der Eintrittspreis von 50 Pfennig recht günstig. Schon 1960 allerdings mussten die Betreiber auch dem Fernsehen Tribut zollen und das Kino wurde geschlossen.

Das Apollo-Theater

1956, als das Kino seine „Hochzeit“ erlebte und der Zuschauer mit der spärlichen Ausstattung des Central-Theaters nicht mehr zufrieden war, erbaute Lutz Hoeper an der Bahnhofstraße Ecke Feldstraße das Apollo- Theater. Mit 500 Sitzplätzen und einer Bühne mit darunterliegendem Orchesterraum war es mit Abstand das komfortabelste Kino in Bönen. Das Kino lag neben der im gleichen Zuge erbauten Gaststätte der Familie Hoeper und wurde auch von ihr als Familienbetrieb geführt.

In dieses Kino investierte sie allein für die zwei modernen Vorführmaschinen, die einen übergangslosen Wechsel von Filmrolle zu Filmrolle möglich machten, allein 6 000 Mark. Wie auch in allen anderen Kinos gab es vor der eigentlichen Vorstellung kleine Vorfilme oder Werbung. Beliebt war hier vor allem das „HB Männchen“ mit seinem „Wer wird denn gleich in die Luft gehen“, oder der „Lindes Schneemann“, der Werbung für Malzkaffee machte. 

Die „Fox tönende Wochenschau“ informierte über Neuigkeiten aus der Politik, Sport und mehr. Mit dem Beitrag „Denn bei mir liegen sie richtig“ informierten die gewerblichen Berufsgenossenschaften über Unfallgefahren. Am 31. Januar 1969 musste auch das Apollo-Theater schließen. Die Räume wurden seither mannigfaltig genutzt, unter anderem auch als Video-Laden, der dem noch verbleibenden Kino in Bönen starke Konkurrenz machte. Heute befindet sich dort eine Spielhalle.

Das Roxy-Theater

Im Saal der Gaststätte Stoltefuß konnte der Zuschauer sich seinen Film im Roxy-Theater anschauen, das von 1953 bis 1984 geöffnet hatte. Betrieben wurde das Kino von der Familie Neuschäfer, bevor es 1964 von Anneliese Friese übernommen wurde. Auch diese Betreiber bekamen die Kinokrise zu spüren und wehrten sich vehement gegen den allgemeinen Trend. 

So wurde das Kino 1974 für rund 20 000 Mark renoviert und die Betreiber glaubten, die Krise damit meistern zu können. Es gab zwar auch Vorstellungen, die sehr gut besucht waren, meistens die Jugendvorstellungen und auch die Oswald-Kolle-Filme. Doch viele Zuschauer schauten ihre Filme lieber in Hamm oder Unna, weil diese die aktuellen Filme weit vor dem Bönener Kino zeigten. Da half es auch nichts, dass der Eigentümer Willi Stoltefuß den Theaterraum 1981 mit einer neuen Bestuhlung ausstattete. 

Außerdem gab es die Möglichkeit, auch während der Vorstellung Getränke zu konsumieren, ähnlich wie zu Hause vor der „Flimmerkiste“. Zählte das Kino im Januar 1982 noch 1000 Besucher im Monat, so waren es Ende 1982 nur noch die Hälfte. Die Hauptschuld gab der Besitzer dem aufkommenden Videoboom. Bis 1984 hielt sich das Kino noch über Wasser, dann gab auch Stoltefuß auf und auch das letzte Kino in Bönen schloss für immer. Damit begann nach 65 Jahren eine kinofreie Zeit in Bönen, die bis heute anhält.

Anmerkung: Erstveröffentlichung im Westfälischen Anzeiger am 30.03.2019. Der Bericht wurde mit Hilfe des Archivs der Gemeinde Bönen und Barbara Börste erstellt.