Begraben in einem Baum

Zwei Baumsärge wurden bei Ausgrabungen in Bockum (Hamm) gefunden. Einer dieser Funde ist im Gustav-Luebke-Museum ausgestellt, Hamm. Foto (c) FdF

Baumsärge sind die ältesten Sargtypen überhaupt und waren schon in der ausgehenden Jungsteinzeit (Ende des 3. Jahrtausends v. Chr.) verbreitet. Seither sind sie für jede urgeschichtliche Periode nachweisbar, in der die Körperbestattung üblich war, also bis in die mittlere Bronzezeit (Abbildung) hinein (ca. 1200 v. Chr.) und dann wieder ab dem frühen Mittelalter (6 Jh. n. Chr.) In den dazwischen liegenden Abschnitten war es üblich, die Toten auf Scheiterhaufen zu verbrennen und die Asche in Urnen oder anderen Behältnissen beizusetzen.

Die ersten bekannten archäologischen Funde auf Bönener Gebiet wurden bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht.

In Aufzeichnungen des damaligen Pastors von Bönen, Pfarrer Johann Heinrich Theodor Schmieding (*10. Juni 1808 in Witten, +19. Februar 1860 in Soest), schreibt er im Jahr 1837: “Bei Aufräumung des Fundament-Mauerwerks der alten Kirche fanden sich zwei merkwürdige Särge, der eine unter der südlichen Fundamentmauer, der andere unter der nordöstlichen Ecke des Kirchenschiffs. Diese Särge bestanden aus grob zugehauenen Eichenklötzen, die inwendig ausgehöhlt und eines Mannes Länge groß waren. Am oberen Ende derselben war ein viereckiges Loch ausgehauen für die Lage des Kopfes einer Leiche.

Baumsarg aus dem ersten Jahrtausend. Von den in Bönen gefundenen Särgen hat sich die Spur im Lauf der Jahrzehnte verloren. Quelle: wikimedia commons

Statt der Handgriffe waren Kerben in das rohe Holz gehauen, und die Deckel bestanden, wie die Särge, aus ausgehöhltem Eichenholz. In dem einen Särge befand sich ein wohlkonservierter Schädel, in dem anderen lagen zwei Knochen. Beide Särge waren noch ganz gut erhalten. Die Theile eines derselben nebst dem darin vorgefundenen Schädel haben wir zur Aufbewahrung in den Thurm niedersetzen lassen.“

Aus diesen Schilderungen geht hervor, dass man mit den Funden nicht recht etwas anzufangen wusste und sie entsprechend dem Stil der damaligen Zeit eher als Kuriositäten als als historische Quellen betrachtete. Von den Särgen und ihrem Inhalt ist dementsprechend nichts erhalten geblieben. Nach der Beschreibung Pfarrer Schmiedings handelte es sich um sogenannte Baumsärge. Darunter versteht man Baumstämme von ca. 2-3 m Länge, die in Längsrichtung aufgepalten und ausgehöhlt wurden, so dass sich ein Unterteil und ein Deckel herausbildeten. Baumsärge sind für christliche Bestattungen des frühen Mittelalters in der Umgebung von Bönen mehrfach belegt. Ihre Position unter den Fundamentmauern zeigt, dass sie älter als das Gebäude gewesen sein müssen.

Da Gräber im Mittelalter jedoch nur in der Nähe einer Kirche angelegt werden durften, muß der 1836/37 abgebrochene Bau bereits einen Vorgänger gehabt haben. Von dieser ersten bekannten Bönener Kirche sind seinerzeit auch noch Fundamentreste beobachtet, aber nicht weiter untersucht worden. Eine der frühesten schriftlichen Überlieferungen über unseren Raum, nach der im Jahre 1032 der Erzbischof Pilgrim von Köln die Bönener Kirche dem Kloster zu Deutz übereignet hat, dürfte sich darauf beziehen. Im 12. Jahrhundert wurde die Kirche durch einen romanischen Kirchturm ergänzt. Ein Jahrhundert später baute man eine größere Kirche, die bis 1836/37 genutzt wurde und dann der heutigen St. Agatha-Kirche weichen mußte. Nur der Kirchturm des 12. Jahrhunderts hat die verschiedenen Neu- und Umbaumaßnahmen bis heute überstanden.

Im Gustav Lübcke-Museum der Stadt Hamm ist ein Baumsarg ausgestellt (Bild oben), der den Funden aus Bönen offenbar recht ähnlich ist. Er stammt aus der Kirche in Bockum (Hamm). Durch eine naturwissenschaftliche Analyse (Dendrochronologie) wurde festgestellt, dass der Eichenstamm, aus dem dieser Sarg besteht, im Jahr 937 oder kurz danach gefällt worden ist. Dies passt recht gut zu der wahrscheinlichen Datierung des ersten Bönener Kirchbaus in das 10. Jahrhundert,