Orgel 3.0. Das Sakralinstrument der Alten Kirche

Die neue Orgel in der Alten Kirche in Bönen wurde 1972 erbaut. Foto: CC. Quelle: Moverbecks/Wikipedia

Das Gemäuer ist alt, sogar sehr alt. Es zeugt von langer Geschichte, es weist von der Höhe weit ins Land: die Alte Kirche in Bönen. Über viele Jahrhunderte ein Zeugnis von überregionaler Bedeutung und Mittelpunkt religiösen Lebens im historischen Gewand, leistet sie ihren Dienst bis heute. Und sie birgt einen modernen Schatz.

Es ist das Instrument auf der nach Süden ausgerichteten Empore, die Nachfolgerin der 1846 eingebauten Buchholz-Orgel. Nähert sich der Besucher, so vernimmt er schon bald die Klänge eines Sonntagsgottesdienstes, freut sich gar auf eine intensivere Begegnung mit ihr beim Gesang. Dabei verfügt doch die Evangelische Kirchengemeinde über ein reiches Potenzial an kirchenmusikalischer Qualität bei unterschiedlichen Begebenheiten – sei es durch den Bläserchor, die Flöten- und Gitarrenkreise und nicht zuletzt den Kirchen- und den Gospelchor. Sie alle bilden ein festes Fundament kirchenmusikalischen Lebens. Nicht immer mit Gottesdienstbezug tragen sie ebenso zu weltlichen Ereignissen bei. Aber es ist, wie es seit Jahrhunderten ist: Das Zentrum der Kirchenmusik ist und bleibt die Königin der Instrumente: die Orgel.

Bereits 1846 baute der Brandenburger Orgelbauer Carl-August Buchholz eine Orgel für die Kirche. Nach Angaben des ehemaligen Organisten Wilfried Pankauke reichte sie bis 1954 an die Brüstung der Empore und war nach allen Seiten mit schwarzen Tüchern verhängt. Es gab offenbar keine Prospektpfeifen mehr. Mitte der 1950er Jahre erfolgte ein Umbau, bei dem die Orgel etwa zwei Meter nach hinten versetzt wurde. So blieb zwischen Spieltisch und Brüstung genug Platz für einen Chor. Das Gehäuse soll von einem heimischen Schreiner angefertigt worden sein.

Kirchengemeinde entschließt sich zum Neubau

1972 erhielt die Kirche eine neue Orgel, gebaut von Alfred Führer. Zuvor war Deckenputz in die nach oben geöffnete Buchholz-Orgel gefallen und hatte viele Pfeifen beschädigt oder zerstört. Angesichts der Schäden und einer damit verbundenen aufwendigen Restaurierung entschloss sich die Kirchengemeinde zu einem Neubau.

50 Jahre alt ist die Führer-Orgel inzwischen geworden. Dabei klingt sie noch immer wie in ihrer Jugendzeit. Über mangelnden Arbeitseinsatz kann sie nicht klagen bei all ihren Aufgaben: Sie stützt den Gesang während der Gottesdienste, besonders temperamentvoll an den kirchlichen Festtagen, wie jetzt an Weihnachten, begleitet strahlende Brautleute, spendet Trost den Trauernden und fügt sich der Meisterschaft großer Komponisten.

Eine solche Beanspruchung hinterlässt Spuren. So musste sie sich vor zehn Jahren einer aufwendigen Überholung unterziehen. Das ging nicht mit „eben Staub wischen“. Dazu mussten Fachleute ran, denn es sind 1326 Pfeifen, die die Klänge erzeugen. Damit das auch so bleibt, mussten der „Königin“ Teile für Teile entnommen und Pfeife für Pfeife auseinandergenommen werden. Da erkennt auch der Laie, dass eine Orgel ein wahres Wunderwerk ist, das aus einer unendlichen Fülle an Klangfarben schöpfen kann, wenn man dazu „alle Register zieht“, wie es sprichwörtlich heißt. Insofern ist Jens-Reinhard Wagenblaß, Kantor und Organist bei der Kirchengemeinde, nicht nur „der Orgelspieler“. Eher könnte man ihn mit dem Dirigenten eines Sinfonie-Orchesters vergleichen.

Innenleben sehenswert

Unsere Orgel hat 20 Register, vom Fachmann fast despektierlich als „ganz normales Örgelchen“ beschrieben. Bescheiden wirkt sie von außen: der Spieltisch, das Pedal, die Manuale, die Registerzüge, darüber die mächtigen Prospektpfeifen. Im Inneren erst erkennt man, mit welch technischer Raffinesse ein Orgelbauer zu Werke gehen muss. Eine Gelegenheit, sich das Innenleben des Instruments ansehen zu können, sollte man nutzen.

Andere Größen gefällig? Die Orgel im Passauer Dom mit 229 Registern und 326 Pfeifenreihen, die größte Orgel in Amerika wiegt 150 Tonnen, die teuerste in der Kathedrale von Lausanne mit 7000 Pfeifen. In Deutschland soll es 50 000 Orgeln geben, Berlin gilt als größte Orgelstadt im Land. Und wer hat schon davon gehört, dass die kleinste, nach dem Urteil von Fachleuten älteste noch bespielbare Orgel der Welt im Dörfchen Ostönnen bei Soest steht? Sie hat acht Register und 576 Pfeifen, von denen mehr als die Hälfte aus der Zeit vor 1500 stammt.

Seit nahezu 25 Jahren sitzt Jens-Reinhard Wagenblaß an der Orgel in Bönen. Gleichzeitig ist er wie seine Vorgänger Leiter der Kirchenchöre. Dazu gehörten Reginald Kirchhefer, Ruth Schmalenberg, Ulrich Mielewczyk, Wilfried Pankauke, Rainer Kamp und Peter Schmidt. Sie alle haben dazu beigetragen, dass sich viele Menschen an ihrem Spiel erfreuten und den Klang der Orgel in der Alten Kirche genießen konnten.

Organist Jens-Reinhard Wagenblaß beherrscht das königliche Instrument. © Löbbe, Karl