Ein Mr. Universe aus Bönen

Bodybuilding. Foto (c) Pexels

Selbst wenn Jörg Fuchs ganz locker am Tisch sitzt, ist sein Anblick imponierend. Überdeutlich zeichnet sich jeder Muskel seines Körpers ab. Seine durch und durch gestählte Figur ist das Ergebnis von 30 Jahren Training und einer abgestimmten Ernährung.

Am Samstag vor Pfingsten präsentiert der Bönener seinen Körper beim internationalen Bodybuilding-Wettkampf Mr. Olympia in Litauen, morgen steht dort die Europameisterschaft an.

Sollte Jörg Fuchs gewinnen, wäre es nicht sein erster Titel: Er wurde bereits einmal Europameister, 22 Mal Deutscher Meister, Vize-Weltmeister und zweifacher Mister Universe. Diesen Titel holte er erst vor knapp drei Wochen im niederländischen Maastrich erneut. Trotz dieser beeindruckenden Bilanz muss der Bönener immer wieder gegen Vorurteile kämpfen. „Guck mal, der Aufgepumpte“, ist nur eins der Kommentare, die der 45-Jährige zu hören bekommt. „Da stehe ich mittlerweile drüber. Ich mache das schließlich nur für mich. Und oft sind es einfach Neider, die so etwas sagen“, hat er festgestellt. Tatsächlich ist es eiserne Disziplin, die Jörg Fuchs dorthin gebracht hat, wo er heute steht. Fünf- bis sechsmal pro Woche trainiert er jeweils zwei Stunden lang im Fitnessstudio – und zwar morgens um 6 Uhr. „Dann ist es dort schön leer und ich kann ganz in Ruhe mein Programm absolvieren.“

Anschließend fährt der Groß- und Außenhandelskaufmann zu seiner Arbeitsstelle in einem Elektrogroßhandel. Daneben kümmert er sich um 20 Athleten, die er vor und während nationaler und internationaler Wettkämpfe betreut. Fuchs stellt ihre Trainings- und Ernährungspläne zusammen und übt mit ihnen das wichtige Posen. Darauf kommt es nämlich an: „Bodybuilding ist ein reiner Präsentationssport“, erklärt Fuchs. Gewichte stemmen oder reißen die Sportler nur beim Training – auf der Bühne geht es ausschließlich um die Optik. Regelmäßig trifft Fuchs seine Schützlinge aus ganz Deutschland, um zu kontrollieren, ob sie sich an die Vorgaben halten und sich der gewünschte Effekt einstellt.

Ehefrau Joanna ist ebenfalls eine Miss Universe

Eine seiner Talente ist seit Kurzem seine Ehefrau Joanna Fuchs. Erst vor fünf Monaten hat sie unter seiner Anleitung mit dem intensiven Training begonnen und schon die ersten Trophäen eingefahren. „Sie wurde Miss Universe – bei ihrem zweiten Wettkampf“, erzählt Jörg Fuchs stolz. Mit ihm an ihrer Seite hat die Bönenerin natürlich auch den perfekten Coach. „Ich kümmere mich um das Essen, kaufe ein und koche.“ Als ausgebildeter Ernährungstrainer weiß er genau, was auf den Teller kommen darf. „Low Carb“, sagt er, „also wenig Kohlenhydrate.“ In der Wettkampfsaison wird daraus sogar „No Carb“, dann gibt es Gemüse mit Fleisch oder Fisch – zu jeder Mahlzeit. „Wenn man diesen Sport macht, dann beschäftigt man sich zwangsläufig mit Ernährung“, so der Bodybuilder. „Sie ist ganz entscheidend für den Erfolg.“ Ganz einfach ist das Ernähren streng nach Plan aber auch für ihn nicht immer. „Ab und zu gönne ich mir einen Austag. Dann esse ich das, was ich möchte.“ Und dazu gibt es ab und zu sogar ein Glas Bier.

Zurzeit ist das tabu. „Wenn ich mich auf Wettbewerbe vorbereite, klinke ich mich komplett aus.“ Geburtstagsfeiern oder Grillabende finden in dieser Zeit ohne ihn statt. Oft habe das Umfeld kein Verständnis dafür, dass er auf soviel verzichtet, etwa auf üppige Speisen oder Alkohol. „Für Außenstehende ist das wohl schwer zu verstehen“, räumt der gebürtige Wuppertaler ein. „Mir macht mein Sport aber sehr viel Spaß. Ich lebe dafür.“

Angefangen mit dem Bodybuilden hat Jörg Fuchs aus ganz anderen Gründen. „Als Kind und Jugendlicher habe ich Fußball gespielt. Allerdings war ich körperlich ziemlich schwach, sodass ich oft auf der Ersatzbank sitzen musste.“ Ein Bekannter nahm ihn mit ins Fitnessstudio. Nach und nach bildeten sich Muskeln, aus dem schmächtigen Teenager wurde ein gefürchteter Gegener auf dem Platz und vor allem: ein Stammspieler.

“Irgendwann musste ich mich aber entscheiden, welchen Leistungssport ich betreiben möchte. Beides war einfach nicht möglich“, erinnert er sich. Zumal sich auch bald die ersten Erfolge einstellten. Mit 18 Jahren nahm Jörg Fuchs an den Landesmeisterschaften teil und wurde auf Anhieb Zweiter. Später machte er sein Hobby zum Beruf und führte 15 Jahre ein eigenes Fitnessstudio in Wuppertal.

Die Liebe brachte ihn schließlich vor sieben Jahren nach Bönen. Mit seiner Frau hat er offenbar die ideale Partnerin gefunden, denn sie muss schon viel Verständnis für seine Leidenschaft aufbringen. Schließlich sei das Ganze sehr zeitaufwendig. „Und es ist und bleibt ein Einzelsport.“ Dennoch hat er im Laufe der Jahre Freundschaften geschlossen in der „Szene“. „Das ist wie eine große Familie. Man kennt sich untereinander.“ Die „Familienangehörigen“ leben in aller Welt: Fuchs war schon in Russland, Brasilien, Italien, Frankreich, Griechenland und vielen weiteren Ländern, um sich dort bei Wettbewerben zu messen. Oft sind die Veranstaltungen am Wochenende, nichtsdestotroz müssen die Aktiven etliche Urlaubstage dafür opfern. Geld lässt sich mit dem Sport übrigens nicht verdienen. Preisgelder gibt es nur im Profibereich. Der Sieg bei einer Meisterschaft wird vielmehr mit einem Pokal belohnt – „und mit einem warmen Händedruck“, sagt Jörg Fuchs.

Natürlich gebe es auch Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern, aber schließlich säßen doch alle in einem Boot. „Am Ende entscheidet die Jury“, erklärt der Leistungssportler. Nicht immer ist er mit deren Votum zufrieden. Im Laufe der Zeit hat Fuchs aber gelernt, das locker zu sehen. Nach 27 Jahren gehört er schließlich zu den „alten Hasen“.

So ganz ohne Spuren geht das jahrzehntelange Training allerdings nicht an Jörg Fuchs vorbei. „Ich habe schon so meine Wehwehchen und Verschleißerscheinungen“, sagt er. Seinen Sport will er dennoch so lange wie möglich betreiben, allerdings nicht als Wettbewersteilnehmer. „Ein Weltmeisterschaftstitel fehlt mir noch – wenn ich den habe, höre ich auf.“ Dann möchte er sich vermehrt als Coach um neue Talente kümmern. „Der älteste Athlet, den ich betreue, ist 65 Jahre alt“, berichtet Fuchs. Und der sei durchaus erfolgreich.